Auszüge aus einer Publikation des Autors Frank.G.Winkler (Zitate sind mit Quellenangabe jedermann erlaubt) 

Was ist vom Geschädigten darzulegen?

Darstellungsanforderung des Geschädigten nach BGH- Grundsätzen 

Ein Geschädigter, der Schadensersatz in der Form entgangenen Gewinns gemäß § 252 Satz 1 BGB geltend macht, muss alle konkreten Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die Gewinnerwartung ergibt.

Der zu ersetzende Schaden setzt voraus, dass sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sichtbar im Erwerbsergebnis konkret ausgewirkt hat. Deshalb bedarf es grundsätzlich der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um dem Sachverständigen eine ausreichende Grundlage für die sachlich- rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu geben (vgl. Senat BGHZ 54, 45, 49 ff.; 90, 334, 336; Urteile vom 22. Dezember 1987 - VI ZR 6/87 - VersR 1988, 466, 467; vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94 - VersR 1995, 422, 424).

Dabei schafft § 252 Satz 2 BGB eine Beweiserleichterung in dem Sinne, dass die bloße Wahrscheinlichkeit der Erwartung des Gewinns anstelle des positiven Nachweises genügt, sofern die Vorkehrungen und Anstalten, aus denen die Gewinnerwartung hergeleitet wird, in der geschilderten Weise dargetan werden. Erforderlich ist mithin die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen, die geeignet sind, dem Ermessen bei der Wahrscheinlichkeitsprüfung eine Grundlage zu geben und eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (BGH NZM 1998,666; BGH WuM 1991,545; ; vgl. auch Senatsurteil vom 17. Februar 2003 – 8 U 80/01- unveröffentlicht; Palandt/Heinrichs, BGB. 61. Auflage, § 252 BGB, Rdnr.5; Münchener Kommentar- Grunsky, BGB, 3. Auflage, § 252 BGB, Rdnr.8). <Quelle: Urteil 8 U 89/02: Kammergericht, verkündet am 11.08.2003>.

§ 252 Satz 2 BGB verschafft dem Geschädigten eine Beweiserleichterung, die durch die von § 287 ZPO ermöglichte Schadensschätzung noch erweitert wird. Ist ersichtlich, dass der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, dann wird vermutet, dass er gemacht worden wäre. Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich (BGH 05.02.1987 BGHZ 100, 36).

Soweit sich keine Anhaltspunkte ergeben, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den Schaden gemäß § 287 ZPO zu schätzen; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden (BGH- Urteile vom 17. Februar 1998 - VI ZR 342/96, vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98, vom 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99, vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, Rn. 21).

 

(u.a. BGH: VI ZR 300/ 08 v. 09.11.2010)

Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass auch bei der Bemessung des Zukunftsschadens, bei dem rechnerisch von einem angemessenen Bruttoeinkommen ausgegangen werden kann, auf die konkreten Verhältnisse des Geschädigten hinsichtlich der Belastung durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und hinsichtlich der Vorteile, die sich aufgrund von Lohnersatzleistungen der Drittleistungsträger ergeben, abzustellen ist. Eine pauschalisierende Betrachtung führt insbesondere bei abhängig Beschäftigten vielfach zu falschen Ergebnissen.

(u.a. BGH: VI ZR 138/ 03 v. 16.03.2004):

Der Unternehmer kann seinen Schaden nicht abstrakt in Höhe des Gehalts einer gleichwertigen Ersatzkraft geltend machen. Denn der zu ersetzende Schaden liegt nicht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als solcher, sondern setzt voraus, dass sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sich im Erwerbsergebnis konkret ausgewirkt hat (vgl. z.B. BGH-Urteile BGHZ 54, 45, 49 ff.; 90, 334, 336; vom 31. März 1992 - VI ZR 143/91 - und vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94).

(OLG Köln, Beschluss vom 14.6.2007 - 5 U 28/07 (ggfs. nicht rechtskräftig)

Bereits ein selbständig tätiger Versicherungsnehmer, der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, ist gemäß § 4 Abs. 1 d) BB-BUZ verpflichtet, aussagekräftige betriebswirtschaftliche Unterlagen beizubringen, die den Versicherer in die Lage versetzen, zum einen die Größe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes, zum anderen aber auch die Höhe des erzielten Einkommens beurteilen zu können. Denn nur unter Einbeziehung betriebswirtschaftlicher Unterlagen des Unternehmens kann geklärt werden, ob und gegebenenfalls wie dem Versicherungsnehmer eine Umorganisation möglich und wirtschaftlich zumutbar ist und ihm trotz der behaupteten Erkrankung noch ein ausreichendes Betätigungsfeld verbleibt.

 

Daraus folgt unmittelbar, dass an den anspruchsbegründenden Sachvortrag, sei es außergerichtlich oder gerichtlich, außerordentlich hohe Anforderungen zu stellen sind. Regelmäßig erfolgt spätestens im Prozess ein Vorbringen des Schädigers, das dem Vorbringen des Geschädigten entgegen steht. Das erkennende Gericht darf sich nicht ohne weiteres über vorgebrachte Argumente hinwegsetzen, es sei denn, es hat eigene Sachkunde oder es erfolgte die Hinzuziehung sachverständiger Hilfe.


Es empfiehlt sich für den Geschädigten, sich für sein eigenes Vorbringen, sachverständiger Hilfe zu bedienen.

Dem weiten Ermessen des Tatrichters zur Schadensschätzung sind allerdings auch Grenzen gesetzt.

 

 

BGH- Urteil vom 09.11.2010, Az. VI ZR 300/08

 


Insbesondere darf sich der Tatrichter nicht über Vorbringen des Schädigers, das für die Schadensschätzung von Bedeutung ist, ohne weiteres hinwegsetzen oder dies ohne den Ausweis eigener Sachkunde und die Hinzuziehung sachverständiger Hilfe als unerheblich oder widerlegt ansehen.

Die Ausführungen im Berufungsurteil lassen nicht erkennen, dass das Berufungsgericht diese Einwände ausreichend in Erwägung gezogen hat. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde die Gegebenheiten des hier in Frage stehenden Arbeitsmarkts zutreffend beurteilen konnte. 

Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen und seine Erwägungen bilden jedoch keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ab Januar 2006 bis zu ihrem Renteneintritt durchgehend ein monatliches Bruttoeinkommen von 4.550 € erzielt hätte.

 

 

BGB § 252, ZPO § 287

Erwerbsschaden des Unternehmers durfte nicht geschätzt werden

 

 

KG, Urteil vom 26.01.2004, Az. 12 U 8954/00

 


Die Vorinstanz hätte zur Berechnung des unfallbedingt entstandenen Verdienstausfallschadens des Unternehmers ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Ein Gutachter soll in einem solchen Fall sagen, inwieweit unfallunabhängige Faktoren (wie Konjunkturentwicklung oder Fehldispositionen im Betrieb) den Verdienstausfall beeinflussen.

 

 

BGB § 252, ZPO § 287